Was ist radikal? Diese Ausgabe zeigt Dimensionen des Radikalitätsbegriffs an Beispielen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert.
„Radikal sein“ war und ist Selbstdefinition und Ausdruck politischer Haltung. Gleichzeitig dient/e der Radikalitätsbegriff als Projektionsfläche für Normierungsprozesse und Ausschlussmechanismen sowie politische, soziale und religiöse Kämpfe. Der vorliegende OeZG-Band widmet sich diesen Selbst- und Fremdzuschreibungen der Radikalität in Arbeiter*innen- und Frauen*bewegungen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. Die Beiträge reflektieren Radikalitätsbegriffe aus intersektionaler Perspektive und fokussieren auf deren zeitliche, räumliche und soziale Verortung. Unter den thematisierten Akteur*innen sind argentinische Anarchist*innen in den 1890er-Jahren, Aktivist*innen der Red-Power-Bewegung der 1960er- und 1970er-Jahre oder feministische Theoretiker*innen bis in die Gegenwart zu finden. Interviews mit zwei Klima-Aktivistinnen führen den Radikalitätsdiskurs in die Erregungszustände der Gegenwart. Die Grenzen zwischen dem, was für die Akteur*innen als radikal oder konservativ, als modern oder traditionell, als progressiv oder reaktionär galt und gilt, zogen/ziehen sie – manchmal starr, manchmal beweglich – an unterschiedlichen Stellen. Die Frage „Was ist radikal?“ bleibt deshalb eine offene.