Die Folgen des ersten Weltkriegs für die jüdische Bevölkerung in Europa
Trotz der großen Zahl von Neuerscheinungen wissenschaftlicher Studien zum Ersten Weltkrieg findet man – auch international– bisher kaum Publikationen, die die Bedeutung dieses katastrophalen Geschehens für die jüdische Bevölkerung in Europa thematisieren. Dieser Band, zum Teil aus dem internationalen und interdisziplinären Forschungskolloquium Deutschsprachig-jüdische Publizistik zur Habsburgermonarchie im Zeichen des Ersten Weltkriegs. Medialität, Ästhetik, Sinnvermittlung hervorgegangen, versammelt erstmals literatur- und geschichtswissenschaftliche Beiträge, die sich am Beispiel zeitgenössischer jüdischer Publizistik aus einer länderübergreifenden zentraleuropäischen Perspektive mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Habsburgermonarchie sowie auf Deutschland und Italien.
Wahrnehmung und Auswirkung – ein differenziertes Bild
Die Autorinnen und Autoren knüpfen an die Prämissen der Kriegsliteraturforschung an, indem sie sich auch auf dokumentarische und nichtfiktionale Texte beziehen. So ist es möglich, die Situation der jüdischen Bevölkerung in unterschiedlichen Kronländern der Habsburgermonarchie und in Deutschland während der Kriegsjahre näher zu beleuchten.
Mit Beiträgen von Caspar Battegay, Petra Ernst, Katalin Fenyves, Hans-Joachim Hahn, Dieter J. Hecht, Amália Kerekes, Gerald Lamprecht, Eleonore Lappin-Eppel, Marta Marková, Michael Nagel, Ruth Nattermann, Eva Edelmann-Ohler, Nurit Pagi, Madleen Podewski, Marsha L. Rozenblit, Katalin Teller und Markus Winkler.
Inhalt
Petra Ernst und Eleonore Lappin-Eppel: Vorwort
Madleen Podewski: Krieg in ‚kleinen Archiven‘: Überlegungen zum Umgang mit der Medienspezifik der Zeitschrift
Eva Edelmann-Ohler: Orte des Krieges – Zur Raumpoetik des Schlachtfelds in zionistischer Presse und Literatur (1914–1918)
Markus Winkler: Der Erste Weltkrieg: Wahrnehmung und Deutung aus der Perspektive deutschsprachiger Juden aus der Bukowina
Eleonore Lappin-Eppel: Kaiserbilder in der Wiener jüdischen Presse während des Ersten Weltkriegs
Caspar Battegay: In Gottes Krieg. Staat, Volk und Nation bei Nathan und Uriel Birnbaum (1914–1918)
Hans-Joachim Hahn: Latenzen jüdischer Weltkriegserfahrung – Die Zeitschrift Esra als Medium zionistischer Vergemeinschaftung
Dieter J. Hecht: Kriegsanleihen, Postkarten, Todesanzeigen – Der Nachlass eines jüdischen Soldaten
Gerald Lamprecht: Kriegserinnerungs- und Identitätsdiskurse am Beispiel des „Bundes jüdischer Frontsoldaten“ und der Zeitschrift Jüdische Front 1932–1938
Michael Nagel: „Ich hatt’ einen Kameraden“ – Inklusion und Exklusion durch das Weltkriegs-Erlebnis im Schild. Zeitschrift des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten 1921–1938
Marsha L. Rozenblit: Jews in the Bohemian Lands during World War I
Nurit Pagi: The Jewish Journalist’s (Inter)national Mission: Max Brod’s Articles during the Great War, 1914–1918
Marta Marková: Alice Rühle-Gerstel und der geistige Aufstand europäischer Kulturschaffender gegen Krieg und Militarismus
Ruth Nattermann: Zwischen Pazifismus, Irredentismus und nationaler Euphorie. Italienische Jüdinnen und der Erste Weltkrieg
Amália Kerekes und Katalin Teller: „… dass das Jüdische in uns nicht zu verstummen braucht, wenn das Vaterlandische spricht.“ Zur deutschsprachigen zionistischen Presse Ungarns 1914–1918 265
Katalin Fenyves Im Kreuzfeuer der Fremdwahrnehmungen: Die jüdische Presse in Ungarn und der Erste Weltkrieg
Petra Ernst: Das Verschwinden der Ghettogeschichte und die Erfindung des Ostjuden im Zeichen des Ersten Weltkriegs